Die Geschichte der Hesselschen Offizin 1661 bis heute ist gleichzeitig ein Teil der Geschichte der Stadt Altdorf

Die Geschichte der Buchdruckereien bedeutet ein Stück Geistesgeschichte. Wo geistiges Leben herrscht, da kann auch die Kunst der Letter gedeihen. Nach den führenden Reichsstädten und geistlichen Zentren eroberte sich die Buchdruckerkunst Universitäten und Residenzen.

1575 wurde das im Jahr 1526 in Nürnberg gegründete Melanchthon-Gymnasium nach Altdorf verlegt. Am 29. Juni 1578 wird das Gymnasium vom Nürnberger Rat, dem Gedanken des Studiums in ländlicher Muße entsprechend, zur Akademie erhoben. Studierende aus allen Teilen des Heiligen Römischen Reiches eilten dem kleinen „Noris-Athen“ zu. Mit Vorliebe ließ damals auch der reformatorisch gesinnte Adel Osteuropas seine Söhne in Altdorf studieren. Einer von ihnen war Albrecht von Wallenstein, der sich 1599 und 1600 als Student in Altdorf aufhielt, sich jedoch damals schon als rechter Haudegen entpuppte. Seiner drohenden Relegation kam er zuvor, indem er die Stadt wieder verließ. Nichtsdestotrotz erinnern sich die Altdorfer gerne ihres berühmten Sohnes und gedenken seiner alle drei Jahre mit den sog. Wallenstein-Festspielen, in denen mit etwas Authentizität und viel Phantasie die damalige Zeit wiederauflebt.
In diese Zeit fallen auch die Anfänge des Buchdrucks in Altdorf. Die ersten Betriebe wurden von Druckern aus Nürnberg geführt. Es ist daher anzunehmen, daß die Druckereien anfangs nicht ständig, sondern nur bei Bedarf in Betrieb waren. Ausschließliche Aufgabe war es, akademische Schriften zu drucken. Die wirtschaftliche Grundlage war allerdings nicht genügend gesichert, so daß über mehrere Jahre kein Druckbetrieb in Altdorf aufrecht erhalten wurde.

Kraft Privilegs vom 3. Oktober 1622 erhob Kaiser Ferdinand II. Die Hohe Schule zu Altdorf, die ALTDORFINA, zur Universität. (Die Stadt Altdorf will nächstes Jahr den 375. Gründungstag der „Alma mater“ feiern und anläßlich des Jubiläums ein neues Universitätsmuseum einweihen). Mit dieser Rangerhöhung ging auch ein Aufschwung des Buchdrucks in Altdorf einher.
Der erste ständig in Altdorf ansässige Drucker war Balthasar Scherff, der im Jahre 1620 als akademischer Buchdrucker verpflichtet wurde. Um ihm seine berufliche Existenz in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten während des Dreißigjährigen Krieges zu sichern, befahlen die Herren Scholaren, daß alle Schriften im Namen der Universität wie der Professoren und Studenten bei Scherff und nicht in Nürnberg, so wörtlich: „mögen gedruckt werden, weil sonst kein Typographus bey der Universitet, dessen doch nicht zu entbehren, würde bleiben können. Hingegen aber soll auch Scherff mit dem Druckerlohn die Sach nicht zu hoch spannen, und also nicht selbs Ursach geben, daß man von ihm an andere ort hereinzukommen veranlaßt werde …“.

Der von Scherff gegründete Betrieb bestand in Altdorf fast 200 Jahre, davon 147 Jahre – von 1670 bis 1818 – im Besitz der Familie Meyer. Elisabetha Johanna Meyer vereinigte die Offizin 1818 mit der ihres Gatten Adolph Ernst Junge in Erlangen, wo die Firma unter dem Namen Universitätsdruckerei Junge und Sohn bis heute weiterbesteht.
Die zweite Druckerei im Dienste der Universität Altdorf wurde 1661 von Johann Göbel errichtet. Aus ihr ging die Druckerei Hessel hervor.

Die Gründung erfolgte zu einem günstigen Zeitpunkt. Nach den Erschütterungen des Dreißigjährigen Krieges waren geordnete Verhältnisse zurückgekehrt. Die Zahl der Studenten stieg wieder an. Nunmehr waren es die Landeskinder aus den kleineren Territorien und Reichsstädten, die der „ALTDORFINA“ als reichsstädtischer Hochschule den Vorzug gaben. Es war das Jahrzehnt, als Professor Johann Wolfgang Textor, der Ur-Urgroßvater Goethes, den jungen Gottfried Wilhelm Leibniz in Altdorf zum Doktor promovierte und Johann Christoph Wagenseil zu lehren begann – ein Polyhistoriker, der eine Epoche der Hohen Schule zu Altdorf verkörpert. Eine fruchtbare Zeit der Altdorfer Typographie brach damit an.

Die beiden Druckereien wurden privatwirtschaftlich geführt, standen aber rechtlich unter dem Schutz der Universität. Dieser oblag die Überwachung hinsichtlich der gewerblichen Ordnung und der Zensur. Seit 1697 war jeweils eine Firma offizielle Universitätsdruckerei. Nach dem Tod des Inhabers wechselte der Titel zu der anderen Druckerei. Diese Regelung blieb bis zur Aufhebung der Universität im Jahr 1809 bestehen. Die Bedeutung der Altdorfer Typographie war damals groß, wenn man bedenkt, daß dem ungleich größeren Nürnberg laut reichsstädtischer Buchdrucker-Ordnung von 1673, die auch für Altdorf galt, nur sieben Druckereien zustanden. Meister und Gesellen waren akademische Bürger, die bei der Immatrikulation einen Buchdrucker-Eid ablegen mußten.
Als Universitätsverwandte galten die Speisemeister, Universitätsmusiker, Maler, Gärtner, Fechtmeister, Reit- und Tanzlehrer, Buchdrucker sowie Apotheker. Ein entsprechend hohes Ansehen genossen die beiden Meister der schwarzen Kunst bei der Bevölkerung.

In der Buchdruckerordnung waren unter anderem auch die Aufgaben der Zensur beschrieben. Es war „wohlbedächtig verordnet“, daß die Buchdrucker nichts annehmen oder zum Druck befördern sollten, was gegen Gottes Ehre, sein heiliges Wort, des Gemeinwesens Wohlfahrt sowie gegen Zucht und Ehrbarkeit zielt und diesen schädlich sein kann. (Es bliebe uns einiges von dem erspart, was tagtäglich aus den Medien auf uns niedergeht, gäbe es diese Buchdruckerordnung heute noch).
Die Hesselsche Offizin und ihre Besitzer

In der Buchdruckerordnung war auch eine drei- bis vierjährige Wanderschaft nach der Lehre verordnet. Diese Wanderschaft führte den Gründer unseres Unternehmens, den Altdorfer Johannes Göbel, nach seiner Ausbildung in der bekannten Nürnberger Druckerei Wolfgang Endter unter anderem in eine traditionsreiche Stätte des Buchdrucks, nach Straßburg. Dort heiratete er die Witwe eines Druckereibesitzers und führte diesen Betrieb fort. Göbel wollte jedoch nach Altdorf zurück und stellte mit Unterstützung seines Vaters bei den Herren Scholaren der Altdorfer Universität einen Antrag auf Errichtung einer Druckerei.
Mit Datum vom 20. März 1661 wurde die Genehmigung, in Altdorf eine Buchdruckerei auf- und anzurichten, erteilt. Das Original der Gründungslizenz befindet sich in der Erlanger Universitätsbücherei.

Göbels Betrieb florierte. Noch 1661 bekam er vier, im Jahr darauf bereits neun Dissertationen zu drucken. 1663 druckte Göbel ein umfangreiches Werk des Theologen und Orientalisten Theodorich Hakspan. Es enthält zahlreiche Stellen in griechischer, hebräischer, arabischer und syrischer Schrift. Die kostspieligen Lettern waren Universitätseigentum: Ein Nürnberger Patrizier, Johann Jobst Schmidmaier, hatte der Universität eine „morgenländische Druckerei“ gestiftet; die Schriftkästen wurden in der Bibliothek aufbewahrt. Von dieser Einrichtung machte als erster Professor Hakspan Gebrauch. Lange blieb Altdorf eine Pflegstätte der orientalischen Sprachen, und die Hesselsche Offizin hat noch viele derartige Schriften gedruckt. Ende 1663 verstarb Göbel im Alter von nur 34 Jahren.
Seine Witwe Margarete Göbel führte das Geschäft unter der Firmenbezeichnung Johannes Göbels Witwe zunächst selbst fort und heiratete 1665 den Buchdrucker Johann Heinrich Schönerstädt.

Der Betrieb entwickelte sich unter Schönerstädts Leitung sehr erfolgreich weiter. Er kaufte 1678 eine „Präuberechtigte Behausung“: Das alte Hessel-Haus in der Spiegelgasse 224 (jetzt Hesselgasse 6). Schönnerstädt druckte bevorzugt rabbinische Bücher für Professor Wagenseil und andere Orientalisten. Außerdem arbeitete er viel mit Nürnberger Verlegern zusammen.
Einer ihrer Aufträge sollte ihm zum Verhängnis werden. Das Januarheft 1690 einer monatlich erscheinenden Illustrierten zeigte neben der Abbildung einer an der Folter hängenden zweifelhaften Dame das Konterfei des damals berühmten Staatsrechtlers Samuel von Pufendorf, über dessen Bruder zu lesen war, daß in seiner Seele ein „giftiger Wurm“ nagt. Pufendorf war darüber so verärgert, daß er den Nürnberger Rat einschaltete und „behörige Satisfaktion“ verlangte. Die Zeitschrift mußte ihr Erscheinen einstellen und Schönerstädt schließlich seine Druckerei verkaufen und bei seinem Konkurrenten um Arbeit nachsuchen.
Jobst Wilhelm Kohles übernimmt den Betrieb als nunmehr vierter Besitzer. Er galt als einer der bedeutendsten Buchdrucker seiner Zeit und verschaffte dem Unternehmen besonderes Ansehen. Aufgrund seiner Leistungen als Drucker wurde die Offizin 1707 zur verordneten Universitätsdruckerei.

Zu den Büchern, die Kohles gedruckt hat, zählt eines der berühmtesten Altdorfer Werke: Johann Christof Wagenseils Buch von der Meister-Singer holdseligen Kunst. Aus ihm schöpfte Richard Wagner sein Wissen von der „Meister Tön und Weisen, gar viel an Nahm und Zahl“. Das Buch enthält elf Seiten gedruckter Notenbeispiele, in denen wir Motive der „Meistersinger“ wiedererkennen.
Zum 100jährigen Jubiläum der Universität 1723 druckte Kohles eine Festschrift von 352 Folioseiten, die als ein Muster an typographischer Gestaltung galt. Goethes Großvater J. W. Textor, der in Altdorf Rechtswissenschaft studierte, ließ bei Kohles seine Inaugural-Dissertation drucken. Leider war ihm in seinem Privatleben nicht viel Glück beschieden. Seine erste Frau und seine sechs Kinder starben, seine zweite Frau beging Ehebruch und es kam zur Scheidung, was ihn wirtschaftlich ruinierte. Zwei Jahre vor seinem Tod 1739 verkaufte Jobst Wilhelm Kohles seine Buchdruckerei an den jungen „Kunstverwandten“ Johann Adam Hessel.
Hessel heiratete Katharina Margaretha, die Tochter des Kaiserlichen Öffentlichen Notars Ernst Friedrich Zobel in Altdorf. Dieser war auch Buchbinder, Volksschulrektor, Verleger, Buchhändler und Stadtrat. Die Gemeinschaft Hessels mit dem Verleger Zobel bedeutete eine Zeit fruchtbaren Schaffens. Bis 1753 wurden allein 53.000 Bibelausgaben gedruckt. Hessel war auch Mitglied des Pegnesischen Blumenordens in Nürnberg. Er schrieb selbst Gedichte und geistliche Lieder.

Der jüngste seiner drei Söhne, Christoph Bonaventura, kam beim Vater in die Lehre, um nach dessen Tod 1785 die Druckerei zu übernehmen. Das Schaffen Christoph Bonaventura Hessels fiel in die Zeit des Niedergangs der Stadt Nürnberg und dem allmählichen Ende der Altdorfer Universität. Die Studentenzahlen gingen zurück und somit auch die Aufträge der Universität. Hessel bekam in Jahren oft nur eine Dissertation zu drucken. Eines dieser Werke handelt von einer schwierigen Nasenoperation, der sich Hessel selbst unterziehen mußte. Die letzten Jahre der Universität waren überschattet von politischen Ereignissen. Deutschland war von französischen Truppen unter Napoleon besetzt. In einer solchen Zeit der Erregung und Unsicherheit mehrten sich die anonymen Schriften. Die denkwürdigste hat im Jahre 1806 Hessel in Altdorf gedruckt.

Die Schrift tauchte als Pamphlet im Mai 1806 in Süddeutschland auf und trug den Titel „Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung“. Der Verfasser ist bis heute unbekannt. Verlegt wurde es von Johann Phillipp Palm, Inhaber der Steinschen Buchhandlung in Nürnberg. Unter anderem ist darin folgendes zu lesen:
„Napoleon führt seine Völker über den Rhein. Ohne Zelt, Mundvorrat und andre Notwendigkeiten, die den Krieg für Mann und Pferd unentbehrlich macht, betreten sie deutschen Boden. […]
Der Franzose gab sich den Namen eines Retters von Bayern. Wahrlich eine Rettung, jener ähnlich, da der Kranke, welchen dieser Arzt früher ins Grab geschickt hätte, unter der Hand des andern bloß eines langsameren Todes stirbt. Wenn irgend mit der Freundschaft ein Spott getrieben wurde, konnte er wohl bitterer sein als dieser? Doch es liegt ja in Napoleons Plan, Deutschland so zu entkräften, daß ihm für jetzt und die entfernteste Zukunft von dieser Seite nichts zu befürchten steht. […]
Also fallen die Entschuldigungen des mit Bayerns Untergang verknüpften Aufenthalts des französischen Heeres in diesem Lande von selbst weg; eines Heeres, dem man seine ganze Löhnung vorenthält, damit das Geld in Frankreich bleibe und nicht im Auslande verzehret werde, oder besser, damit in Erfüllung gehe, was Napoleon den Hamburgern erklären ließ: Frankreichs Stärke beruhe auf Grund und Boden und auf der Tapferkeit seines Volks, welches letztere nichts anderes heißen kann denn: Meine halbe Million Soldaten muß immer auf Kosten fremder Länder unterhalten werden. […]

Die Broschüre endet: Sollte diesem Kern der germanischen Nation Freiheit nicht heiliger als das Leben selbst sein? Nein, Erhabene, Eure Weisheit, Euer Mut hält noch wie ein Anker das schwankende Schiff unsrer Hoffnung. Gehet als Vormünder der ganzen deutschen Menschheit zu Franz [Kaiser von Österreich] und Friedrich Wilhelm [König von Preußen], zu Friedrich August [Kurfürst von Sachsen] und Wilhelm [Kurfürst von Hessen-Kassel] und sagt ihnen, daß die Nation nur ihren Aufruf erwarte, und ihr Anblick im Harnisch wird des Feindes Schrecken, im Kampfe sein Untergang sein.“

Schmähschriften gegen Napoleon waren damals gang und gäbe, doch meistens handelte es sich um plumpe Beleidigungen (Invektiven). Bei vorliegender Broschüre war der Fall jedoch anders. Der Verfasser, der über bemerkenswerte Sachkenntnis verfügt, ruft unverhüllt Deutschland zum bewaffneten Widerstand gegen die französischen Besatzer auf. Die bayerischen Polizeibehörden werden aufmerksam und verhören zwei Buchhändler in Augsburg, die erklären, einige Exemplare des Pamphlets von der Steinschen Buchhandlung in Nürnberg erhalten zu haben. Als Napoleon vom Inhalt dieses Pamphlets Kenntnis erlangt, erregt dies seinen ganzen Zorn und es ergeht am 5. August ein entsprechender Exekutionsbefehl an Marschall Berthier mit folgendem auszugsweisem Wortlaut:
„Mein Vetter, ich hoffe, Sie haben die Buchhändler von Augsburg und Nürnberg verhaften lassen. Ich wünsche, daß sie vor ein Kriegsgericht gestellt und binnen 24 Stunden erschossen werden. Es ist kein gewöhnliches Verbrechen, in Orten, an denen sich französische Armeen befinden, Schmähschriften zu verbreiten, um die Einwohner gegen die Soldaten aufzuhetzen; es ist Hochverrat! […] Lassen Sie auch das Urteil in ganz Deutschland verbreiten.“

Palm wird in Nürnberg verhaftet und nach Braunau gebracht. Dort verurteilt ihn ein französisches Kriegsgericht zum Tode; das Urteil wird drei Stunden später vollstreckt. Hessel warf den Rest einer bereits gedruckten Zweitauflage in seinen Hofbrunnen. Von dort wurde er nach Jahren bei einem Umbau als breiiger Schlamm wieder zutage gefördert.
Die Namen Hessel und Palm sind zu einer festen Gedankenverbindung geworden, und das Haus Hessel wird sich nicht seiner Geschichte besinnen, ohne des Schicksals des Buchhändlers Palm zu gedenken.

Eine Tafel am „Hessel-Haus“ in der Hesselgasse Nr. 6 in Altdorf trägt folgende Inschrift:
In diesem Hause druckte B. Hessel 1806 die Schrift
„Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung“

Am 15. 9. 1806 ließ Napoleon die Stadt Nürnberg mit ihren Landgebieten dem neugegründeten Königreich Bayern übergeben. Im Zuge der Zentralisierungstendenzen des Ministers Montgelas wurde die Universität Altdorf am 24. September 1809 geschlossen. Den beiden Altdorfer Buchdruckern war damit die Existenzgrundlage genommen. Wovon Hessel in den folgenden Jahren gelebt hat, wissen wir nicht. Er starb 1814 und vererbte die Druckerei seinem Sohn Tobias.

Zunächst konnte den 1786 geborenen Tobias Hessel das geerbte Geschäft nicht ernähren. Die ersten größeren Aufträge erhielt er ab dem Jahr 1816 unter anderem von Friedrich Immanuel Niethammer, Oberkonsistorialrat im Innenministerium. Dessen Einfluß hat die Stadt Altdorf das 1824 gegründete Lehrerseminar zu verdanken. Im Jahr 1818 wurde die wertvolle Bibliothek der Universität Altdorf nach Erlangen überführt. Die Offizin Meyer zog, wie erwähnt, auch dorthin. Hessel sicherte sich Aufträge von bekannten Nürnberger Verlegern und baute selbst einen Verlag auf. Zunächst wurden in Zusammenarbeit mit Pfarrer Christian Philipp Heinrich Brandt evangelische Schriften herausgebracht.

1828 bat Tobias Hessel um die Erlaubnis, ein Wochenblatt redaktieren zu dürfen. Es sollte den Titel „Der Bote“ erhalten. Zunächst lehnte die Regierung von Ansbach das Gesuch ab, mit dem Vermerk: „Solche Blätter sind unnütz und nicht zu vermehren“. 1833 wiederholte Hessel mit Unterstützung des Altdorfer Landrichters Zernot seine Eingabe, diesmal mit vorsichtigeren Worten: man beabsichtige „die Herausgabe einer Zeitschrift unter dem Titel: Der Bote von Altdorf, Lauf, Hersbruck und Neumarkt, deren hauptsächlicher Inhalt sich auf Landwirtschaft, Hopfenbau, bürgerliche Gewerbe, oeffentlichen Verkehr, artistische Gegenstände, Naturdenkwürdigkeiten, Alterthümer etc. Tendirt …“. Das ungefähr steht in einer Zeitung auch, nur von Politik versprach Hessel nichts zu schreiben. Tatsächlich genehmigte die „hochpreisliche Regierung“ darauf den „Boten“ mit dem Bemerken, daß er der Zensur unterliege und politische Berichte keinesfalls bringen dürfe. Am 11. Januar 1834 erscheint der „Bote“, zunächst als Wochenblatt, zum ersten Mal.
Das biedermeierische Altdorf brachte es durch seinen damals weitbekannten Hopfenbau wieder zu bürgerlichem Wohlstand. 1846 wurde Tobias Hessel zum 1. Bürgermeister der Stadt Altdorf gewählt und blieb es bis zu seinem Tod 1852.
Der nächste Inhaber der Druckerei wurde sein Sohn Johann Peter Hessel. Er zog mit seinem Betrieb in ein stattliches Haus in der Oberen Wehd Nr. 103 um, das seine Frau Babette Helene Louise mit in die Ehe brachte. Das alte Stammhaus in der Spiegelgasse wurde verkauft.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung Altdorfs wieder zu stagnieren. Die neuen Eisenbahnlinien liefen an Altdorf vorbei, und die Zahl der Einwohner ging zurück. Zudem hat die einsetzende Liberalisierung auch in benachbarten Städtchen die Entstehung von Druckereien und Wochenblättern begünstigt (1848 erschien die erste Ausgabe der „Hersbrucker Zeitung“). Aus den 25 Jahren von 1863 bis 1888 konnten wir von Hessel – abgesehen von seiner Zeitung und Jahresberichten – nur zehn Drucke feststellen, und das waren meistens Feuerwehrsatzungen. Einen schweren Schaden brachte das Jahr 1862 mit der Trennung von Justiz und Verwaltung. Altdorf verlor seine Stellung als Verwaltungsmittelpunkt seines „Distrikts“ und wurde dem Bezirksamt Nürnberg eingegliedert. Hessel verlor das Amtsblatt und damit zahlreiche Leser. 1899 starb Johann Peter Hessel und das Geschäft ging an den letzten seines Namens, an Carl Hessel, über.

Geboren 1866, hatte er von 1880 bis 1883 im Geschäft seines Vaters gelernt. Neben der Herausgabe des „Boten“ pflegte Carl Hessel besonders einen Zweig der Typographie: den Akzidenzsatz und Formblattverlag. Seine Drucke verraten große Sorgfalt und guten Geschmack. Kurz vor dem ersten Welkrieg investierte Hessel durch den Kauf einer damals hochmodernen Maschine noch eine größere Summe. Dann begann der Krieg. Hessel mußte Lebensmittelkarten und ähnliches drucken; Schwierigkeiten in der Papierbeschaffung stellten sich ein, endlich verleideten ihm die politischen Verhältnisse alle Freude. Mit dem verlorenen Krieg war die Welt Hessels zusammengebrochen. In die veränderte Lage vermochte er sich nicht mehr einzuordnen. Unverheiratet und kinderlos, entschloß er sich 1920 zum Verkauf seines Geschäfts. Mit dem Verkaufserlös hoffte er seinen Lebensabend zu bestreiten. Sein Vermögen fiel jedoch der Inflation zum Opfer und er war gezwungen, noch Erwerb zu suchen. Er fand Beschäftigung beim Finanzamt Altdorf, wo er bis 1931 angestellt war. Carl Hessel starb 1933. Seine Druckerei wird unter dem angestammten Namen weitergeführt.
Ihr neuer und zehnter Inhaber, Johann Bollmann, Druckereibesitzer in Zirndorf , übergab das Geschäft gleich 1920 an seinen Sohn, Hanns Bollmann.

Hanns Bollmann, geboren am 14. April 1897, sah es für die Weiterentwicklung der Druckerei als unumgänglich an, einen neuen, besser gelegenen Standort zu wählen. 1924 wurde der Zeitungsbetrieb, in den folgenden Jahren die Akzidenz in die verkehrsgünstige und aufstrebende Industriegemeinde Feucht verlegt. In Altdorf blieb eine Geschäftsstelle des „Boten“ bestehen. 1931 bezog die Buchdruckerei C. Hessel in Feucht eine neue, eigene Betriebsstätte.
Mit dem aufkommenden Nationalsozialismus wurde für Hanns Bollmann, der dieser Entwicklung sehr skeptisch gegenüberstand, seine Tätigkeit als Verleger und Druckereiinhaber immer schwieriger.
Ein Ordner mit gesammeltem Schriftwechsel aus dieser Zeit sowie aus den unmittelbaren Nachkriegsjahren, wo es um die Genehmigung der Wiederaufnahme des Druckereibetriebs geht, trägt den Titel:
„Mein Kampf mit der NSDAP und den Amerikanern“.

In einem Schreiben der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei Gau Franken an die Schriftleitung des „Nürnberger Landboten“ und „Bote für Altdorf“- diese beiden Blätter wurden damals von Bollmann herausgebracht -, in dem heftiger Anstoß an der Aufnahme jüdischer Inserate genommen wird, heißt es unter anderem: „… daß wir uns veranlaßt sehen, Sie zu ersuchen, entweder die Aufnahme dieser jüdischen Inserate abzulehnen, oder zu gewärtigen, daß wir uns gezwungen sehen würden, unseren Parteigenossen das Weiterhalten Ihrer Blätter zu untersagen. Nationalsozialistischer Text und jüdische Inserate in ein und dem selben Blatt müssen notgedrungen zu bedauerlicher Irreführung der Leserschaft, und damit zur größten Beeinträchtigung der Früchte unserer eigenen erzieherischen Arbeit führen. Geschäftsgeist in Ehren, aber deutsch muß er sein!“

Am 28. Oktober 1933 erging von der NSDAP-Kreisleitung an alle Formationen der NSDAP folgender Kreisbefehl: Zufolge der mit den beiden Lokalblättern „Nürnberger Landbote“ und „Bote von Altdorf“ bestehenden Differenzen wird hierdurch angeordnet:
1. Parteiamtliche Verlautbarungen in den beiden genannten Blättern haben von jetzt an zu unterbleiben.
2. Für parteiamtliche Verlautbarungen des Bezirks ist ausschließlich das Parteiorgan für Gau Franken, die „Fränkische Tageszeitung“, Nürnberg, zuständig.
3. Infolgedessen ist das Halten des Parteiorganes für sämtliche Leiter von Formationen der NSDAP im Bezirk Nürnberg-Land obligatorisch.

Die Marktgemeinde Feucht und die Stadt Altdorf erklärten noch im gleichen Jahr die „Fränkische Tageszeitung“ und nicht wie bisher „Den Boten von Altdorf“ zu ihrem alleinigen amtlichen Veröffentlichungsorgan.
Im März 1934 beschloss der Landgerichtspräsident entgegen der vorherigen Verfügung des Vorstandes des Amtsgerichts Altdorf, die „Fränkische Tageszeitung“ mit sofortiger Wirksamkeit zum Amtsblatt des Amtsgerichts Altdorf zu bestellen.
Im Dezember 1937 musste die Buchdruckerei Carl Hessel auf Anordnung von Gauleiter Julius Streicher die Zeitungen „Der Bote von Altdorf“ und „Nürnberger Landbote“ für 25.000 Reichsmark an die „Fränkische Tageszeitung“ verkaufen. Solchermaßen bedrängt, trat Hanns Bollmann in die NSDAP ein, da im sonst auch noch der Verlust seines Druckereibetriebes gedroht hätte. Somit behielt er wenigstens weiterhin den Druckauftrag für beide Zeitungen. Im Jahr 1943 wurde ihm auch dieser Auftrag genommen und an den Willmy-Verlag übergeben. Am 20. 2. 1943 wurde vom Leiter der Wirtschaftsgruppe Druck in Berlin für den Druckereibetrieb C. Hessel, wohl als einzigem in Franken, die Stilllegung verfügt. Dank dem energischen Einspruch des Landrat Nürnberg wurde diese Verfügung wieder zurückgenommen.

Die Schwierigkeiten, die Hanns Bollmann im 3. Reich mit dem Naziregime hatte, setzten sich nach dem Krieg bei den Bemühungen um eine Registrierung für seinen Betrieb fort. Vor allem sein Eintritt in die NSDAP 1937 wurde ihm nun zum Verhängnis. Er musste sich gegenüber dem Gesetz zur Befreiung von Nationalismus und Militarismus verantworten. Die Spruchkammer des Landkreises Nürnberg stufte ihn zunächst als entlastet ein. Der öffentliche Kläger legte jedoch Berufung ein und Hanns Bollmann wurde schließlich als Mitläufer eingestuft und zu einer Strafe von 1.000,- Mark verurteilt. Am 15. Februar 1947 erhielt er dann die Registrierurkunde, die ihm die Wiederaufnahme des Druckereibetriebs C. Hessel in Feucht genehmigte.

In den folgenden Jahrzehnten wuchs und gedieh der Betrieb und wurde mehrmals vergrößert. Hanns Bollmann’s Sohn Werner Bollmann, geboren 1929, trat 1953 in das Unternehmen mit ein und man spezialisierte sich neben der Zeitungsherstellung auf die Produktion und das Verlegen von Romanheften, die damals unter der Bezeichnung Groschenhefte bekannt waren. Es wurde der Verlag „Der Bote“ gegründet, der seit 1961 mit den Nürnberger Nachrichten gemeinsam die Tageszeitung „Der Bote für Nürnberg-Land“ herausgibt.

In den 60er Jahren zog sich Hanns Bollmann allmählich aus dem aktiven Tagesgeschäft zurück und überließ seinem Sohn die Firmenleitung. 1977 verunglückte dieser auf einer Geschäftsreise tödlich. Mittlerweile 80jährig, sah Hanns Bollmann nochmals die Notwendigkeit, seine ganze Energie in den Fortbestand des Unternehmens zu stecken. Da seine Enkelsöhne Ulrich und Steffen mit 16 bzw. 14 Jahren noch die nächsten Jahre für die Unternehmensleitung zu jung waren, beschloss er, einen Geschäftsführer einzustellen, der die Geschicke der Druckerei Hessel und des Verlags „Der Bote“ übergangsweise lenken sollte. Hanns Bollmann verstarb 1981 im Alter von 84 Jahren.

Der 1979 eingestellte Geschäftsführer Fritz Wegener leitete nun das, mittlerweile in eine GmbH umgewandelte, Unternehmen. In seiner Zeit wurde durch die Anschaffung einer modernen 5-Farben-Bogenoffsetmaschine der Grundstein für den Ausbau des Akzidenzgeschäfts mit hochwertigen Farbdrucksachen gelegt.
1988 übernahm Ulrich Bollmann die Geschäftsleitung.
1994 trat sein Bruder Steffen Bollmann als Schriftsetzermeister in das Unternehmen ein und übernahm ein Jahr später die technische Leitung.

Im März 1997 wurde eine neue Rollenoffsetmaschine in Betrieb genommen. Auf dieser Anlage werden neben der Tageszeitung verschiedene ein- und mehrfarbige Zeitungen und Zeitschriften gedruckt.
2004 wurde eine 5-Farben KBA Rapida 74 aufgestellt. In diesem Zug wird die Druckvorstufe auf CTP umgestellt.
2007 folgte eine 2-Farben Heidelberg Printmaster PM 52-2.
2016 wurde eine Konica-Digitaldruckmaschine angeschafft.

 

Quellen:
Konrad Lengenfelder: „EX OFFICINA HESSELIANA 1661 – 1961“
DTV, München: „Deutschland unter Napoleon in Augenzeugenberichten“
Hanns Bollmann: „Mein Kampf mit der NSDAP und den Amerikanern“
(Briefe und Notizen zwischen 1931 und 1947)